Wir zu zweit
Chap & Ich
Und da war er dann wieder: der kalte Krieg. Nur diesmal mit einem Happyend. Der Fall der Mauer 1989 war für mich eines der prägendsten Erlebnisse, das mich über viele Jahre auch beruflich begleitete – bis heute. Die abgeschnittene Region, in der wir seit Jahrzehnten lebten, war plötzlich in die Mitte Deutschlands, ja, Europas gerückt. Wir waren mittendrin, atmeten und schrieben Geschichte. Tausende von Trabis überrollten uns über Wochen, unsere Zeitung war das erste westdeutsche Blatt, das in der DDR unter damals unglaublich verrückten Bedingungen berichtete. Chap stieg auf zu einem der Chefs im Osten, leistete journalistische Aufbauarbeit. Ich blieb im Westen und hatte plötzlich viele neue Kollegen, die zuvor immer mit der Schere im Kopf hatten arbeiten müssen. Es war eine bewegte Zeit mit großen Herausforderungen.
Wann genau es zwischen Chap und mir funkte, kann ich auch nicht mehr so genau sagen. Aber es funkte eben. Bei beiden. Ich hatte mich von einer langjährigen Beziehung gelöst und lebte ein Jahr lang allein. Und kurz nach dem Jahrtausend-Wechsel stand Chap plötzlich vor meiner Tür. Damit begannen meine, unsere glücklichsten Jahre. Chap war als Reporter häufig für Sex and Crime zuständig, hin und wieder arbeiteten wir auch gemeinsam. Vor allem dann, wenn der unsägliche Aufmarsch der Nazis zu Rudolf Heß’ Todestag anstand und die kleine Stadt Wunsiedel von dem braunen Mob heimgesucht wurde. Zusammen mit der Frankenpost zeigten wir Flagge gegen Rechts.
Chaps hervorragende Arbeit – er war für mich ein Vorbild im Kampf um Gerechtigkeit – wurde mit mehreren Journalistenpreisen belohnt. Für zwei Reportagen über einen Friseurmeister – “Meister und Model” sowie “Haarige Sache” – wurde ich 2010 mit dem BoB – Busines of Beauty 2009 – ausgezeichnet, dem deutschen Medienpreis Friseur. Dieser zweite Platz war mit 5000 Euro dotiert.
Chap und ich waren ein perfektes Team, wenn es ums Arbeiten ging. Im privaten Leben sowieso. In den vierzehneinhalb Jahren, die wir zusammen lebten, gab es nie ein böses Wort. Jeder konnte seine Freiheiten und Hobbys genießen, aber am liebsten taten wir es doch gemeinsam, vor allem, wenn Chap in seinen zwei Bands hinter dem Schlagzeug wirbelte und ich die Tanzfläche eroberte. Ich hatte ihn sofort mit meinem Reise-Virus infiziert, und wir flogen kreuz und quer durch die Welt, um neue Kulturen, fremde Völker, Natur und Tiere kennenzulernen. Mit 60 und 63 Jahren wollten wir aufhören zu arbeiten, um mit einem Wohnmobil durch die Welt zu reisen.